20. Januar 2023

Können Sie CEO?

Können Sie CEO?

So lautet in dieser Woche der Aufmacher der aktuellen Ausgabe des Harvard Business manager. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln wird in dem Heft der Frage nachgegangen, wer jetzt und in Zukunft das Zeug fürs Topmanagement hat und welches Skillset und Mindset Spitzenführungskräfte dafür mitbringen bzw. sich aneignen müssen.

In meinem gerade erschienen Buch Mission Leadership habe ich mich eingehend mit den entscheidenden Merkmalen erfolgreiche Topmanagement-Karrieren beschäftigt und daher auf LinkedIn einen kurzen Kommentar zum Titel-Schwerpunkt im Harvard Business manager geschrieben. Übrigens: Das neue Zeitalter der Führungsarbeit betrifft nicht nur CEOs oder die C-Suite, sondern jede einzelne Führungskraft, egal auf welcher Leitungsebene.

Hier mein Kommentar:

Wenn sich Politik, Gesellschaft und Wirtschaft inmitten einer tiefgreifenden Zäsur voller Normabweichungen, Extremen, Unbekannten und Paradoxien befinden, so ist es nicht weiter verwunderlich, dass dies auch für die Unternehmenslandschaft und das Führungspersonal gilt. Denn das Topmanagement war und ist nicht nur ein Spiegel organisationskultureller und gesellschaftlicher Veränderungen, sondern stets auch immanenter Teil davon.
 
Jahrzehntelang waren vor allem betriebswirtschaftliche Expertise, Durchsetzungskraft und die Fähigkeit zur scharfsinnigen Analyse die ausschlaggebenden Erfolgskriterien, während Menschenorientierung, Empathie und emotionale Intelligenz im Hinblick auf Karriere und Beförderung eine kaum beachtete, ja zuweilen auch belächelte Rolle gespielt haben.
 
Neue Generationen an Topmanagerinnen und -managern werden sich vor allem durch hohe Lernbereitschaft, Agilität, Mut, Selbstreflexion, emotionale und soziale Intelligenz sowie ein sinnorientiertes und sicheres, zugleich auch bescheidenes und demütiges Auftreten bewähren müssen.
 
Und: Wer künftig erfolgreich in einer Führungsposition auf C-Level-Niveau wirken will, muss – davon bin ich überzeugt – neben der Fähigkeit zur Transformation des Unternehmens zunächst einmal die Fähigkeit und Bereitschaft mitbringen, sich selbst und seine Mitarbeitenden zu transformieren. Ohne nachhaltige Persönlichkeitsentwicklung in der Führungsriege wird es nämlich in Zukunft keine positive Unternehmensentwicklung mehr geben können.
 
Daher hat der Untertitel des HBm-Aufmachers „Weniger BWL, mehr Empathie“ meines Erachtens durchaus das Potenzial, zur neuen Führungsformel für den C-Level zu werden.

Hier das Editorial der Chefredakteurin des Harvard Business manager, Antonia Götsch, zum Titel-Schwerpunkt:

Wer hat das Zeug zum CEO?

Wir stehen am Beginn einer Zeitenwende. Darin sind sich die Autorinnen und Autoren unseres Titel-Schwerpunkts einig. Das betrifft nicht nur CEOs – sondern jede einzelne Führungskraft. Wir können neue Karrieremuster beobachten. Neue Fähigkeiten. Neue Stolperfallen. Welche Führungskräfte werden sich durchsetzen? Ein paar Leitgedanken aus unserem Schwerpunkt:

Harvard-Professorin Raffaella Sadun hat 5000 Stellenausschreibungen ausgewertet. Sie zeigt: Unternehmen definieren die Rolle von Topmanager:innen neu. Soziale Skills haben viel größeres Gewicht bekommen.

KI treibt diese Entwicklung weiter voran. Finanzen und Planung können zunehmend Maschinen übernehmen. Was uns als Menschen abhebt, ist unsere Fähigkeit zur Empathie.

Gefragt sind Führungskräfte, die aus ihrer Blase heraustreten und mit Stakeholdern aus völlig anderen Interessengruppen kommunizieren können.

Oft auch spontan, wenn eine Debatte auf Social Media entbrennt. Dazu braucht es Haltung.

Führung hat oft mehr mit Kontext als Charakter zu tun. „Eine Person, die in einer Epoche beeindruckende Erfolge feiert, kann in einer anderen kläglich scheitern“, schreibt Nitin Nohria, der ehemalige Dekan der Harvard Business School.

Den jeweiligen Kontext zu erspüren und sich anzupassen, ist eine Qualität, die außergewöhnlich erfolgreiche Führungskräfte auszeichnet.

Ich empfehle diesen Schwerpunkt wirklich allen, die selbst führen oder sich mit Leadership beschäftigen. Viele Praxisbeispiele und tiefe Forschung, teils sogar über Jahrzehnte hinweg.

Antonia Götsch, Chefredaktion HBm


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